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Vor einiger Zeit gab die Moto Guzzi Breva 750 einer guten Freundin nach kurzer Landstraßenfahrt den Geist auf. Der Instandsetzungsauftrag für das betagte Schätzchen (die Guzzi, nicht die Freundin) landete postum bei mir. Da schnell klar war, dass die besagte Fahrt von einer leeren Batterie unterbrochen wurde, lenkte sich der Verdacht auf ein Problem im Bereich der Stromerzeugung. Also ran ans Messgerät und bei laufendem Motorrad – mit zwischenzeitlich am Ladegerät wieder aufgeladenen Batterie – die Spannung gemessen. Es blieb bei guten 12 Volt egal beLiMa-Widerstandi welcher Drehzahl. Auf Batterie laden hatte die Italienerin also kein Bock mehr. Jetzt wäre noch die Frage zu klären, woher diese Verhaltensweise rührt. Ich entschied mich dafür bei der Lichtmaschine anzufangen. Die Guzzi hat eine einphasige Lichtmaschine, was ein bisschen besonders ist, das Messen jedoch leichter macht. Ich musste mir nur Zugang zum Stecker verschaffen und die beiden Kabel der Lichtmaschine auf Widerstand prüfen. Hier landete ich gleich einen Volltreffer, denn der Widerstand blieb bei Unendlich. Zur Sicherheit habe ich dann noch einmal den Wechselstrom am Ausgang der Lichtmaschine bei laufendem Motor gemessen. Das Multimeter regte sich wenig. Diesen Fehler hätten wir schon mal geklärt.

Mach heile und am besten gleich auch alles andere an Wartung

Da der Auftrag nicht nur „mach heile“ sondern „mach heile und am besten gleich auch alles andere an Wartung“ lautete, ging die eigentliche Arbeit erst los: Als erstes war der Bugspoiler zu demontieren, der die Ölwanne verdeckt. Dabei fiel mir gleich ins Auge, das schon eine der beiden haltenden Schraube fehlte. Mir schwante Böses und ehe ich mich versah hatte ich die andere Schraube auch schon abgerissen. Na das kann ja heiter werden. Überflüssig zu erwähnen, dass das gleiche Schicksal die Schraube auf der anderen Seite ereilt hatte und ich auch hier nach der Demontage des Bugspoilers nur noch ein herausragendes Gewinde fand. Auch bei den übrigen Schrauben zeigt sich, dass Alu und Stahl leider sehr enge Bindungen eingehen können – moderne Ehepaare können von sowas nur träumen. Seis drum, immerhin ließen sie sich alle mehr oder minder gut herausdrehen, so dass es nicht noch zu weiteren Katastrophen kam.
Der Motorölwechsel ging dann an sich recht schnell. Einzige Besonderheit war der Ölfilter, welchen man außen am Motorblock vergeblich sucht. Dieser ist nämlich ein herausschraubbarer Einsatz in der Ölwanne.

Unterm Deckel verbirgt sich das Übel

LiMa-KabelNach dem Ölwechsel machte ich mich an den endgültigen Abbau des LiMa-Deckels. Darunter fand sich dann auch gleich der Bösewicht: Am Lichtmaschinenrotor waren Teile von der Kabelaufnahme abgebrochen. Die restlichen Stückchen lagen im Gehäuse herum oder klemmten noch im Stator. Das Kabel selbst möchte ich als „Freischweber“ titulieren und die Wicklungen des Stators waren schwarz wie der Kohlekeller von Meister Röhrich. Hier bestand keine Chance mehr auf Rettung. Ich würdigte im stillen Gedenken die durchstandenen 85000 Kilometer des betagten Bauteils und ging „Time to say goodbye“ summend zum PC um mich im Internet auf die Suche nach einem guten Gebrauchtteil zu machen.

Die Schraubenreste müssen raus

Die Bestellung abgeschickt widmete ich mich einige Tage später dem bereits beschriebenen Schraubenhorror der beiden abgerissenen M6 Querulanten. Zwischenzeitlich hatte ich sie immer wieder mit Kriechöl/Rostlöser besprüht sowie mit dem Hammer angeklopft und hoffte sie so doch vielleicht noch irgendwie lösen zu können. Der erste Versuch mithilfe einer Wasserpumpenzange endete nicht in der erhofften Drehbewegung. Versuch zwei mit gegeneinander verdrehten Muttern rasierte die Gewinde vollends kahl. Mein nächsterAusbohren Anlauf war dann schon etwas rabiater mit Hitze aus der Lötlampe von außen und Kältespray auf den Stumpf um das Innere anzulösen. Drehen lies sich dann aber trotzdem nichts. Langsam glaubte ich leises Gelächter aus den Gewindegängen hören zu können. Ich schnitt noch einen Cut in den Schraubenstumpf und agierte wieder in der Hitze-Kälte-Kombination, nur dass ich diesmal einen Schlitzschrauber ansetzte statt der WaPu-Zange. Auch hier als Ergebnis nur weitere Flüche meinerseits in Richtung Garagenwand, aber sonst leider nichts. Es blieb also nur noch der letzte Ausweg. Mit einer Mischung aus Hoffnung und Angst griff ich zu Körner und Bohrer. Natürlich traf ich die Schraube nicht 100% mittig und bohrte auch noch zwei Bohrer stumpf. Mit einem Höchstmaß an Konzentration in Verbindung mit Stoßgebeten versuchte ich das Ganze mit dem Dremel und Fräßaufsatz zu richten. Tatsächlich gelang es das Innengewinde freizulegen ohne es zu zerstören.  Mit Gewindeschneider und immer wieder Spülungen mit Öl ließen sich die Metall- und Korrossionsreste dann endgültig entfernen. Der Aufwand hatte sich am Ende also gelohnt und voller Stolz konnte ich zwei neue Schrauben – diesmal leicht gefettet – einschrauben.
Es folgten noch ein paar andere Arbeiten. Unter anderem tauschte ich noch das Gabelöl und kümmerte mich um Kerzen, Kardanölwechsel, Bremsenservice und so weiter. Schließlich konnte ich dann den luftgekühlten V2 noch einige Kilometer testen. Ein versöhnlicher Abschluss dieses kleinen Schrauberabenteuers.

Insgesamt war es wie erwartet eben typisch italienisch: Mit Gezicke und Gezeter, aber doch mit Happy End.

In diesem Sinne, Gas ist rechts

Euer Philipp #14

Author Philipp Wiehe

Motorradfahrer, Schrauber und Hobbyracer aus Leidenschaft. Ein Leben ohne zwei Räder ist kein Leben.

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