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Viele von euch, die eine R6 RJ11 oder RJ15 besitzen, haben vielleicht schon davon gehört: die Hinterradschwinge ist anfällig für Höhen- und Seitenspiel in der Umlenkung. Doch woher kommt dieses Spiel eigentlich? Und welche Auswirkungen kann es haben? Und wie kann man es eliminieren?

Nun, Spiel entsteht durch zu viel „Luft“ zwischen einzelnen Bauteilen. Beim seitlichen Spiel hat die Schwinge genug Platz, um sich auf der Schwingenachse zu bewegen. Beim Höhenspiel ist meistens die Umlenkung Schuld. Die Bolzen haben dann dort minimalstes Spiel in den Lagern, welches sich aber über die Umlenkung und Länge der Schwinge am Hinterrad deutlich bemerkbar macht.

Wie prüfe ich das Spiel?

In den meisten Fällen, bemerkt man das Problem gar nicht. Denn beim klassischen Aufbocken mit Vorder- und Hinterradständer ist immer Last auf der Schwinge. Um das Spiel zu prüfen, muss man also das Motorrad aufbocken ohne Last auf der Schwinge zu haben. Dafür eignen sich zwei Typen von Ständern: der beliebte Zentralständer (z.B. von Bursig) und Ständer, die an den Fußrasten ansetzen.

Wenn man das Motorrad entsprechend aufgebockt hat, kann man sehr einfach das Spiel überprüfen. Und zwar durch einfaches Hochziehen am Hinterrad. Sollte sich die Schwinge dabei einfach ein paar Millimeter bewegen lassen bevor Druck am Federbein anliegt, hat man auch schon ein Höhenspiel diagnostiziert. In extremen Fällen kann das Spiel am Hinterrad bis zu 5mm betragen.

Ein seitliches Spiel lässt sich einfach mit seitlichen Bewegungen am Hinterrad feststellen. Hört man dabei Klacken und fühlt leichte Anschläge, dann hat man auch ein seitliches Spiel. Sollte man bei beiden Bewegungen direkt das Motorrad mit bewegen, dann ist kein Spiel vorhanden.

Was bewirkt das Spiel und muss ich es ausgleichen?

Hier muss man direkt zwischen Straßen- und Renneinsatz differenzieren. Eine Behandlung des Höhenspiels ist auf der Straße vollkommen übertrieben. Seitliches Spiel würde ich allerdings immer ausgleichen. Das hat erstens mit den Auswirkungen des Spiels und andererseits mit den Maßnahmen zu tun, die man ergreifen muss um das Spiel zu entfernen.

Doch was passiert eigentlich, wenn die Schwinge seitliches Spiel hat? Nun, ein Motorrad hat nur zwei Räder. Diese sollten möglichst immer in einer Linie zueinander stehen. Hat man nun seitliches Spiel in der Schwinge, bewegt sich das Hinterrad bei Kurvenfahrt ein kleines Stück aus dieser Linie heraus.

Das Höhenspiel bewirkt weit weniger und ist nur in wirklich extremen Situationen zu spüren. Es macht sich nämlich nur bemerkbar, wenn kaum noch Last auf dem Hinterrad ist – also bei einer wirklich harten Bremsung. Befindet sich die Schwinge dann genau in dem Punkt, in dem das Federbein nicht arbeitet, sich die Schwinge aber bewegt, dann kann es zu einem Stempeln des Hinterrades führen. Zu betonen ist hier das kann, denn es muss nicht immer auftreten.

Wie kann ich das Spiel ausgleichen?

Seitliches Spiel

Beginnen wir mit dem seitlichen Spiel: das lässt sich bei der R6 mit Bordmitteln ausmerzen. Dazu benötigt man zuallererst ein Werkstatthandbuch(!), Drehmomentschlüssel (z.B. dieser, wobei hochwertiger nie schadet) und dann noch eine Nuss für die Nutmutter auf der rechten Seite. Je nachdem, wie weit man die Schwingenachse in den Rahmen schraubt und dann mit beiden Muttern kontert, verringert man das Spiel. Doch aufpassen: man kann das ganze auch zu eng gestalten. Dann bewegt sich die Schwinge nur noch schwergängig oder ist sogar fest. Hier ist also etwas Fingerspitzengefühl gefragt. Geht daher unbedingt nach den Anweisungen im Werkstatthandbuch vor und haltet die angegebenen Drehmomente ein!

Zuerst müsst ihr die ganze Anlenkung sowie das Federbein ausbauen. Es darf nur noch die Schwinge an der Schwingenachse im Rahmen verschraubt sein. Dann könnt ihr euch an’s Einstellen machen.

Zuerst löst ihr beide Muttern auf der Schwingenachse. Danach könnt ihr die Schwingenachse weiter in den Rahmen schrauben. Seid dabei feinfühlig und dreht die Achse nicht zu fest. Kontrolliert immer wieder, ob und wie einfach sich die Schwinge bewegen lässt. Vor dem Festziehen der Muttern sollte sich die Schwinge ganz einfach bewegen lassen und danach ebenfalls. Wenn man die Muttern festzieht, verringert sich das Spiel nochmals etwas. Eventuell benötigt ihr hier auch ein paar Anläufe, um es passend zu bekommen. Habe ich auch 😉 

Höhenspiel korrigieren

Das Höhenspiel lässt sich leider nicht so „einfach“ bzw. günstig korrigieren. Hier benötigt man nämlich weitere Teile. Wie oben schon erwähnt, kommt das Spiel hier aus der Umlenkung und deren Bolzen / Lagern. Hier gibt es drei Möglichkeiten: neue originale Lager und Bolzen, Übermaßbolzen und zuletzt eine Überarbeitung der Firma Emil Schwarz.

Bei neuen Lagern und Bolzen von Yamaha ist das Spiel erstmal wieder deutlich kleiner. Mit der Zeit wird es sich aber wieder vergrößern. Außerdem muss man die Lager erstmal montiert bekommen oder montieren lassen, was eventuell auch noch weitere Kosten nach sich zieht.

Übermaßbolzen bekommt man z.B. bei der Firma Böckers Alu Construction. Diese Lösung habe ich gewählt und bin mit dem Ergebnis wirklich zufrieden. Kostenpunkt ca. 90€. Hier tauscht man einfach die originalen Bolzen gegen die Übermaßbolzen aus und montiert alles wieder mit den richtigen Drehmomenten und etwas neuem Fett.

Für die Überarbeitung der Firma Emil Schwarz muss die Schwinge ausgebaut und verschickt werden. Dort werden dann die Lager gegen spezielle spielfreie Lager getauscht. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen, da ich noch keine Erfahrungen damit gemacht habe. Allerdings hört man viel Gutes. Der Kostenpunkt ist hier etwas höher.

Lohnt sich der ganze Aufwand?

Gute Frage. Letztendlich geht es hier um Feinheiten. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es sich für mich auf jeden Fall ausgezahlt hat. Seit dem Umbau hat das Hinterrad nicht einmal mehr gestempelt und man kann das leicht driftende Hinterrad genießen 😀

Solltet ihr aber keinerlei Probleme mit einem stempelndem Hinterrad beim Anbremsen haben, dann muss man das Höhenspiel auch nicht unbedingt korrigieren. Je schneller man wird und je härter man bremst, desto höher wird die Wahrscheinlichtkeit, dass man es merkt. Letztendlich ist es eine individuelle Entscheidung, ob es einem das Geld wert ist.

Ich hoffe der Beitrag konnte einigen von euch helfen, über Feedback in den Kommentaren würde ich mich natürlich freuen.

Bis zum nächsten Mal!
Julian

Author Julian Schmidt

26 Jahre alt und verrückt auf alles was zwei Räder hat. Immer auf der Suche nach dem Limit. Seit 2015 auf der Rennstrecke unterwegs. Yamaha R6 RJ15. If in doubt, go flat out!

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