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Viele Motorradfahrer fahren gerne schnell. Viele davon fahren auch gerne auf der Rennstrecke. Doch Rennen fährt nur ein relativ kleiner Anteil davon. Doch der Gedanke, ob man es nicht einfach ausprobieren sollte, schwebt trotzdem in sehr vielen Köpfen herum.

Im heutigen Artikel gehen wir zusammen die größten Argumente dafür und dagegen durch und schauen, ob du nicht doch einen Sprung in’s kalte Wasser wagen solltest.

Viele der kommenden Punkte basieren dabei auf meinen persönlichen Erfahrungen aus 4 Jahren Rennsport in lizensierten Sprint- und Langstreckenrennen. Die meisten Ausführungen gelten hier eher für Sprintrennen, vieles lässt sich aber auch auf die Langstrecke übertragen.

Was spricht dafür?

1. Adrenalin und Spannung

Der Puls ist auf 180, die Ampel geht an und erlischt. Ein volles Starterfeld prescht los zur ersten Kurve – und du mittendrin! Einfach ein wahnsinniges Gefühl. Alles passiert in Sekundenbruchteilen und man handelt instinktiv, um sich den besten Weg durch das Kuddelmuddel zu suchen und möglichst weit vorne aus der ersten Kurve herauszubeschleunigen.

20 Minuten später – der Puls ist wieder auf 180. Du befindest dich hinter deinem direkten Kontrahenten. Während des Rennens habt ihr mehrfach die Positionen getauscht. Du weißt genau, wo du stärker bist als er. Diese Runde musst du einen Weg vorbei finden, eine weitere Chance gibt es nicht mehr. In Kurve 5 versuchst du möglichst perfekt herauszubeschleunigen. Passt. Du bist nah an ihm dran. Anbremsen zu Kurve 6. Du stellst dich innen rein und überholst ihn sauber. Doch noch ist es nicht vorbei, denn es warten noch einige Kurven bis zu Ziellinie. Ab jetzt heißt es pushen, sauber fahren und an den wichtigen Punkten etwas blocken. All das setzt du um und kommst vor ihm ins Ziel. Egal auf welcher Position, das fühlt sich an wie ein Sieg.

Muss ich noch mehr schreiben?

2. Du wirst schneller

Um es auf in einem Satz auf den Punkt zu bringen: Ich habe noch nie so viel auf einem Motorrad gelernt, wie in meiner DRC Saison 2018. Und das, obwohl ich nur an drei Rennwochenenden teilnehmen konnte und die Fahrzeit relativ gering war. Der Grund dafür? Man hält sich mit anderen Fahrern in einer Gruppe auf, die teilweise schneller sind oder andere Fahrtechniken verwenden. All diese Information saugt man auf und neben der Strecke ein, bewusst oder unterbewusst. Auf der Strecke pusht man sich im direkten Zweikampf teilweise zu Rundenzeiten, die man im Training selbst in einer freien Runde nicht erreichen konnte. Wettkampf sorgt für Fortschritte, so war es und wird es immer sein.

3. Freundschaften und Erinnerungen

Durch den direkten Kampf miteinander steht man sich doch irgendwie näher. Vor allem, wenn man eine ganze Saison in einer Rennserie bestreitet, sieht man an jeder Strecke die gleichen Gesichter. Man unterhält sich über die Geschehnisse auf der Strecke, über Setups, Linien und vieles mehr. Genau so schließt man Freundschaften an der Strecke und lernt mit Garantie tolle Menschen kennen, die den gleichen Sockenschuss haben.

Außerdem erinnere ich mich persönlich immer gerne an jedes Rennen zurück. Jedes Mal erlebt man etwas spezielles, was einem auf ewig im Kopf bleibt.

Und die Nachteile?

1. Kosten

Das übliche Thema, ich weiß. Doch Rennwochenenden kosten meist schon von der Nenngebühr her mehr, als ein normales Training. Dazu kommen dann Dinge, die man automatisch macht, wenn man Ehrgeiz entwickelt. Dazu gehören mehr neue Reifen. Je nachdem (Speed, Rennserie etc.) können am Wochenende gut und gerne 3 Sätze oder zumindest Hinterreifen aufgezogen werden. Der Faktor spielt natürlich eine immense Rolle. Weitere Verbesserungen am Bike zu machen oder sogar das Motorrad zu wechseln, um ein paar Sekunden zu finden und weiter vorne mitmischen zu können – ebenfalls ein Gedanke, der schnell aufkommt, wenn man Blut geleckt hat.

2. Rückschläge

Ein Punkt, den man in normalen Renntrainings in dieser Intensität nicht wahrnehmen wird. Schließlich geht es um nichts außer den eigenen Spaß. Vielleicht eine Verbesserung der eigenen Bestzeit.

Doch Rückschläge in Rennen oder einer Rennserie treffen tiefer. Das muss nicht unbedingt ein Sturz sein. Ein dummer Fehler in der letzten Kurve sorgt für eine schlechtere Platzierung. In den Quali-Sessions hat nichts zusammen gepasst. Oder eben doch ein Sturz, der die Kosten noch weiter erhöht und ein womöglich tolles Resultat mit im Kies versenkt. All das habe ich schon mitgemacht und kann daher nur aus Erfahrung sprechen. Wenn man den gewissen Ehrgeiz hat, will man vorne mitmischen. All diese Rückschläge stellen sich aber in den Weg. So ärgert man sich extrem über seine eigenen Fehler oder die Umstände, wenn man weiß, dass man es besser hätte machen können. Ich denke, dieses Gefühl hatte jeder schon einmal, auch außerhalb des Rennsports.

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3. Risiko

Schauen wir noch einmal zu den Vorteilen und Punkt 1. Klingt irgendwie auch gefährlich, oder? Stimmt sogar. In normalen Trainings ist man allerdings auch mit anderen Teilnehmern auf der Strecke und muss diese überholen oder wird überholt. Das Schöne in einer Meisterschaft ist, dass man nach ein paar Rennen seine Kontrahenten und deren Fahrstile kennt und umgekehrt. Man weiß also, wie man miteinander umgehen kann. Das erhöht die Sicherheit m.M.n. deutlich.

4. Strecken“zwang“

Dieser Punkt gilt eher für Fahrer, die eine Meisterschaft bestreiten. Man wird nicht alle Strecken im Kalender mögen, das ist ziemlich wahrscheinlich. Und so muss man – ob man will oder nicht – Geld ausgeben um auf der Hassstrecke zu fahren. Doch hier birgt sich auch etwas Gutes: Hat man die richtige Einstellung, arbeitet man an sich und versucht trotzdem schneller zu werden. Und wer weiß, vielleicht freundet man sich ja doch noch mit der Strecke an.

Also was jetzt? Soll ich oder nicht?

Nun, die Beantwortung dieser Frage bleibt allein euch überlassen. Allerdings empfehle ich den Leuten, die sich sicher auf der Strecke bewegen und eine gewisse Portion Kampf- und Wettbewerbsgeist mitbringen, es einfach mal zu probieren. Und wenn es nur ein Fun-Rennen beim Trainingsveranstalter ist. Erst dann könnt ihr gewissenhaft sagen, ob es etwas für euch ist oder nicht.

Ich für meinen Teil bekomme nicht genug davon. Mein zweites Mal auf der Rennstrecke war auch gleichzeitig mein erster Rennstart. Seitdem komme ich nicht mehr los und fahre kaum mehr normale Trainings. Der Ansporn und Drang mich mit anderen direkt zu messen ist einfach zu groß.

Author Julian Schmidt

26 Jahre alt und verrückt auf alles was zwei Räder hat. Immer auf der Suche nach dem Limit. Seit 2015 auf der Rennstrecke unterwegs. Yamaha R6 RJ15. If in doubt, go flat out!

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Join the discussion 2 Comments

  • Fabian sagt:

    Eines der stärksten Argumente ist aber
    der Sicherheitsfaktor, weil wenn wir mal ehrlich sind JEDER Motorrad
    Fahrer hatte schon mal einen sehr knappe, wenn nicht sogar schon
    einen Sturz auf der Straße.

    Jeder der diesen Sport / Hobby
    intensiver verfolgt landet auch irgend wann im Dreck,landen sei es
    auf der Straße oder der Rennstrecke.

    Sei es durch einen Fahrfehler oder
    durch die Unachtsamkeit eines anderen, am ende des Tages wollen wir
    ja alle wieder gesund und munter zu Hause bei unseren liebsten sein.

    Auf Rennstrecken hat man halt
    Auslaufzonen und in 98% einen Rettungsdienste direkt Vorort.

    Also bevor man wieder einen Monat
    Fahrverbot in kauf nimmt, investiert das Geld lieber in ein
    Renntraining und vielleicht bleibt ihr ja dort hängen =)

    Mfg Diablo Racing

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